
Zu den Sondierungsergebnissen
Am 12. Januar 2018 wurde nach fünf harten Verhandlungstagen und -nächten die finale Fassung des Sondierungspapiers von CDU, CSU und SPD veröffentlicht. Natürlich ist das Papier noch nicht perfekt, das haben die intensiven Diskussionen der letzten Tage eindrücklich gezeigt. Aber es enthält durchaus viele gute Punkte und zeigt meiner Meinung nach in die richtige Richtung. Man darf nicht vergessen, dass die gemeinsamen Ziele in sehr kurzer Zeit formuliert werden mussten. Und sicherlich ist noch manche Korrektur notwendig, ich denke da etwa an eine Festlegung zu Arbeitszeitregelungen und zur sachgrundlosen Befristung.
Die Sondierungsergebnisse sind aber auch noch kein fertiger Koalitionsvertrag! Sie sind das Ergebnis einer ersten Verhandlungsrunde. Deshalb wäre es doch eine vergebene Chance, nicht in die Koalitionsverhandlungen zu gehen. Stimmen unsere Delegierten am Sonntag mehrheitlich mit Nein, nehmen wir unseren Verhandlern, zu denen auch Malu Dreyer gehört, die Möglichkeit für weitere, wichtige Punkte sozialdemokratischer Politik zu kämpfen. Und: Die SPD-Mitglieder hätten nicht die Möglichkeit, in einem Mitgliederentscheid über das Ergebnis abzustimmen.
Zum Argument „Ein weiter so darf es nicht geben“, möchte ich im Folgenden meinen Genossen Gustav Herzog zitieren:
Die Gegner einer „Großen Koalition“ verwenden sehr häufig das Argument, ein „Weiter so“ in der Politik, insbesondere im Deutschen Bundestag, dürfe es nicht geben. Dabei wird unterstellt, dass die Fortführung einer Koalition aus CDU/CSU und SPD ungeachtet des Bundestagswahlergebnisses, der gescheiterten Schwarzen Ampel der auch innerparteilich geschwächten Kanzlerin etc. genauso laufen würde wie 2013–2017.
Gegen diese Annahme sprechen viele Gründe. Hervorheben möchte ich diese drei:
Erstens wäre eine Koalition aus CDU/CSU und SPD faktisch keine „Große Koalition“ mehr. Beide Fraktionen hatten in der letzten Wahlperiode zusammen 80% der Mandate und damit eine verfassungsändernde Mehrheit. Als Reaktion darauf waren der Opposition in der Geschäftsordnung des Bundestages mehr Rechte eingeräumt worden. Eine Koalition aus CDU/CSU und SPD hätte im jetzigen Bundestag zusammen nur 56% der Mandate, also eher vergleichbar mit der Schwarz-Gelben Koalition von 2009–2013 und damit sogar deutlich weniger als die Union/FDP im Bundestag von 1990 mit 62% innehatte.
Zweitens gab es im letzten Deutschen Bundestag nur zwei kleine Oppositionsparteien (64 Linke, 63 GRÜNE Abgeordnete), also eine Miniopposition. Die Zusammensetzung entsprach ohne FDP und AfD nicht der tatsächlichen politischen Lage in Deutschland. Nun würden einer Schwarz-Roten Koalition vier (!) Oppositionsparteien gegenüber stehen, jede einzelne davon größer (AfD 93, FDP 80, Linke 69, Grüne 67) als die Oppositionsparteien in der letzten Wahlperiode, also eine Maxiopposition!
Drittens ist die Zusammensetzung des Bundesrates noch „bunter“ geworden. Es gibt kein Schwarz-Rotes Länderlager. Eine neue Bundesregierung (egal, in welcher Koalition) müsste sich die Zustimmung im Bundesrat über gute Inhalte eingeholt werden, nicht über Lager-Proporz!
Lasst uns die Diskussion weiterhin intensiv aber sachlich, fair, konstruktiv und respektvoll führen, auch wenn die Emotionen manchmal hochkochen und die Ansichten unvereinbar scheinen. Ich freue mich auf einen spannenden Sonderparteitag in Bonn!
- On 19. Januar 2018
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