
Praktikum im Wahlkreisbüro
Zwei Wochen war Niko (18) als Schülerpraktikant zu Gast in meinem Wahlkreisbüro. Er interessiert sich sehr für Politik und Journalismus und konnte mein Team in Ludwigshafen tatkräftig unterstützen. Er lernte während des Praktikums viel über die Arbeit einer Bundestagsabgeordneten sowie unser politisches System und durfte auch einmal in eine Stadtratssitzung hineinschnuppern. Seine Eindrücke vom Besuch des Stadtrats beschreibt Niko in dem nachfolgenden Text:
„Zusammen Politik machen“ – Mein Tag im Stadtrat
Provokante Sprüche, leere Sitzplätze und unaufmerksame Abgeordnete – dieses Bild haben viele Menschen vor Augen, wenn sie an Parlamente denken. Also warum sollte es dann nicht auch in einer Stadtratssitzung so aussehen? Das wollte ich mir mal mit eigenen Augen anschauen. Denn sowohl im Bundestag als auch im Stadtrat läuft es nicht immer so ab, wie man es dem Klischee entnehmen würde.
Am 18. Juni 2018 fand die letzte Sitzung des Stadtrats von Ludwigshafen vor der Sommerpause statt. Mit rund 35 Themen und sechs Anfragen eine recht lange Sitzung. Von 15 bis ca. 19 Uhr war ich beim öffentlichen Teil der Sitzung dabei. Und direkt mit dem Betreten des Saals konnte ich für mich selbst sagen: „Also, leer ist der Saal schon mal nicht“. Die Zuschauerplätze waren so gut wie voll besetzt, und auch die Stadtratsmitglieder waren zahlreich vertreten. Jutta Steinruck, unsere Oberbürgermeisterin und Vorsitzende des Stadtrates, eröffnete mit einer kurzen Willkommensrede die Sitzung, und sowohl die Bürgerinnen und Bürger als auch die Mitglieder des Stadtrates waren konzentriert und gespannt dabei.
Die Themen der Debatten waren recht brisant, und mir fiel schnell auf, dass im ersten Teil der Sitzung die wirtschaftlichen Themen überwiegen werden würden. Die erste Debatte behandelte zum Beispiel die Satzung über die Erhöhung der Vergnügungssteuer. Dabei ging es darum, ob man die Steuer für Geldspielautomaten und Sexarbeit erhöhen solle oder nicht. Es zeigte sich eine fraktionsübergreifende Zufriedenheit mit dem Entscheid zur Steuererhöhung. Hans Mindl, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, sagte dazu, dass man nicht nur dank einer Steuererhöhung in Zukunft mehr Geld für die Stadt zur Verfügung hätte, man könne dadurch zusätzlich vielleicht auch die Spielsucht des ein oder anderen Spielers verringern. Ein solches Ergebnis wäre ein Erfolg, betonte Mindl.
Während der knapp 6-stündigen Sitzung gab es neben den ernsten Themen auch hin und wieder mal eine Gelegenheit, die Spannung während der Diskussionen zu lockern. Beispielsweise während einer Debatte, die im Rahmen des Projekts „Dichterquartier“ stattfand. Viele der Stadtratsmitglieder kennen sich schon lange und sind auch miteinander befreundet, und so witzelte man darüber, dass das „Dichterquartier“ genauso gut „Saarländer Quartier“ genannt werden könne. Viele lachten, und man sah den Politikern an, dass sie ihre Arbeit mit Freude machen.
Doch neben den erfreulichen Momenten kann es auch Momente geben, die eher bedauerlich sein können. Denn es wurde am selben Tag noch bekannt gegeben, dass Gabriele Wolter, die Leiterin des städtischen Grünbereichs, die Stadtverwaltung und somit auch den Stadtrat nach 25 Jahren hervorragender Arbeit verlässt. Der Grund dafür ist ihr Wechsel nach Wiesbaden, wo sie ab Juli als Leiterin des Grünflächenamtes tätig sein wird. Nach vielen Glückwünschen und positiven Resonanzen zur Arbeit Wolters gab es sowohl eine herzerwärmende Umarmung der Oberbürgermeisterin als auch einen würdigen Applaus, bei welchem ich gerne mitgemacht habe. Und auch der Geburtstag eines Stadtratsmitgliedes wurde mit Blumen und einem Applaus gebührend gewürdigt und gefeiert.
Was viele wahrscheinlich gar nicht wissen: Die Stadtratsmitglieder sitzen ehrenamtlich im Stadtrat. Das heißt, dass fast alle Mitglieder einen „ganz normalen“ Beruf ausüben und in ihrer Freizeit für das Wohl unserer Stadt arbeiten. Von meiner Seite aus verdient das wirklich Respekt, und wir könnten uns alle an ihnen ein Beispiel nehmen – denn für jeden Menschen ist es grundsätzlich möglich, in der Politik etwas zu bewegen. Auch wenn man nicht immer mit den politischen Entscheidungen zufrieden ist, dürfen wir nicht vergessen, dass es sich bei Politikern auch nur um Menschen wie dich und mich handelt, welche sich an die Werte unseres politischen Systems, der Demokratie, halten. Und das ist auch gut so. Denn dank der Demokratie ist es überhaupt erst jedem möglich, seine politische Meinung zu äußern und sie auch zu vertreten, egal wie diese auch aussehen mag. Wichtig ist es, sie im Namen der Demokratie zu akzeptieren und sie für das Wohl des Volkes zu gestalten – und zwar zusammen.
Niko Andreadis
- On 25. Juni 2018
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