
Mein Kommentar zum Koalitionsvertrag
Der vorgelegte Koalitionsvertrag ist ein guter Kompromiss, der von sozialdemokratischen Vorstellungen geprägt und getragen wird. Natürlich ist er nicht das SPD-Wahlprogramm. Allerdings beinhaltet er sehr viele SPD-Forderungen, die den Menschen direkt helfen: sei es die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung; sei es der Wegfall des Solis für kleine und mittlere Einkommen; sei es die drastische Einschränkung der sachgrundlosen Befristung; sei es das Recht auf Teilzeit- und damit auch das Recht auf Rückkehr in Vollzeitarbeit; sei es die finanzielle Unterstützung der Kommunen bei der Ausstattung der Schulen; sei es die Finanzierung der Ganztagsbetreuung; sei es der Einstieg in kostenfreie Kitas bundesweit; sei es der Aufschlag zur Grundrente; sei es der Wegfall der Abschläge bei Erwerbsunfähigkeitsrente; seien es die zwei Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau und vieles andere mehr. Das ist ganz klar sozialdemokratische Handschrift, mit der ich wirklich sehr zufrieden bin. Dieses Verhandlungsergebnis wird uns den notwendigen Schub geben, um die großen Herausforderungen anpacken zu können. Denn Digitalisierung, Automatisierung und Robotisierung werden unsere Lebens- und Arbeitswelt erheblich verändern. Im Koalitionsvertrag haben wir dafür die notwendigen Weichen gestellt. Auch deshalb – und weil viel für unser Land und Europa auf dem Spiel steht – hoffe ich, dass unsere Mitglieder diesem Koalitionsvertrag zustimmen werden.
Bei den Ministerposten haben wir mit dem Finanz-, Außen- und Arbeitsministerium Schlüsselpositionen inne, mit denen wir dann auch das auf dem Papier Erreichte umsetzen können und werden. Für uns als SPD kommt es jetzt darauf an, nach außen erkennbar und deutlich zu machen, was es heißt, wenn Sozialdemokraten Politik gestalten: Wir verbessern das Leben von ganz vielen Menschen in unserem Land! Das stärkt den Zusammenhalt der Gesellschaft und den sozialen Frieden und ist Voraussetzung, um das Projekt „Europa“ voranzutreiben. Ohne ein wirtschaftlich starkes und für die Menschen soziales Europa werden die einzelnen Nationalstaaten zum Spielball der Wirtschaftsmächte USA und China.
Martin Schulz weiß um diese Lage und hat deshalb die letzten Jahre im Europäischen Parlament und jetzt bei den Koalitionsverhandlungen so hart für eine besser koordinierte Europa-Politik aller Mitgliedsstaaten gekämpft. Er will jetzt den Ball nicht aus der Hand geben, er will dafür sorgen, dass seine Mühen Früchte tragen – das haben die Verhandler wohl alle auch so gesehen und ihm den dafür wichtigen Posten des Außenministers überlassen. Diese selbst gesetzte Aufgabe kann er aber nicht erfüllen, wenn er gleichzeitig sich zu 100 Prozent der Erneuerung der Partei widmen muss. Deshalb gibt er diese Funktion ab und schlägt dafür Andrea Nahles vor. Ich glaube, dass Andrea Nahles das kann und auch will. Das letzte Wort haben hier die Delegierten auf einem Sonderparteitag.
- On 9. Februar 2018
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